Nichtraucherschutz bei Tabak und Cannabis stärken & Koalitionsvereinbarungen zum Tabakwerbeverbot konsequent umsetzen!
Pressemitteilung vom 25. Mai 2023 zum Weltnichtrauchertag 2023
„Wenn die Bundesregierung Jugend- und Gesundheitsschutz bei der Cannabislegalisierung ernst nehmen möchte, kommt sie an einer konsequenten Stärkung des Nichtraucherschutzes nicht vorbei“, meint der Nichtraucherschutzverband Deutschland e.V. (NRSV). Für Tabak und Cannabis müssen die gleichen, umfassenden Regeln gelten. Es muss sichergestellt sein, dass Kinder und Nichtrauchende im Alltag wirksam vor Passivrauch geschützt sind. Auch angesichts steigender Raucherquoten fordert der NRSV eine starke Ausweitung des Nichtraucherschutzes im Außenbereich. Zudem müssen die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag endlich umgesetzt werden: Ein absolutes Tabakwerbe- und Sponsoringverbot inklusive Plain Packaging und der Abschaffung von Zigarettenautomaten ist überfällig.
Koalitionsvereinbarungen konsequent umsetzen: Absolutes Tabakwerbeverbot ist überfällig!
Alle vier Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch an den Folgen des Tabakkonsums. Das sind 127.000 Tabaktote pro Jahr – mehr als durch Alkohol, illegale Drogen, Verkehrsunfälle, Morde und Selbstmorde zusammen. Aktuelle Zahlen der DEBRA-Studie zeigen einen deutlichen Anstieg der Raucherquoten in Deutschland, insbesondere auch bei Jugendlichen. Diese Entwicklung ist alarmierend und zeigt einmal mehr, dass bisherige Präventionsbemühungen nicht ausreichen und der deutsche Sonderweg einer zögerlichen Tabakpolitik gescheitert ist. Er entspricht weder den verbindlichen Vorgaben der WHO-Tabakrahmenkonvention (FCTC) noch den Empfehlungen der EU. Auf der „Europäischen Tabakkontrollskala“ rangiert die Bundesrepublik seit Jahren abgeschlagen auf einem der hintersten Plätze. Die Tabakpolitik muss sich endlich an Gesundheit und Kinderschutz orientieren. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung finden sich dazu konkrete Vereinbarungen und weitere Ansatzpunkte. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Versprechen zügig und konsequent umzusetzen.
Ein absolutes Werbe- und Sponsoringverbot für Tabak ist überfällig. Dieses umfasst auch ein Auslageverbot genauso wie neutrale Einheitsverpackungen (Plain Packaging). Zigarettenautomaten sind laut WHO ebenfalls eine Form der Werbung, die gänzlich verboten werden sollte. Gleiches gilt für das Sponsoring von Parteien durch die Tabakindustrie. Solche Beziehungen zwischen Politik und Tabakkonzernen schaden der Gesundheitspolitik und werden von einer klaren Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt. Noch immer wird vielerorts, wie im Kino, in Supermärkten oder an Tankstellen, massiv für das Rauchen geworben. Werbung normalisiert und verharmlost Tabakkonsum und zielt damit immer auch auf Kinder und Jugendliche.
Nichtraucherschutz gewinnt angesichts der Cannabislegalisierung an Bedeutung
Nichtraucherschutz gewinnt angesichts der geplanten Cannabislegalisierung zusätzlich an Bedeutung. „Die Menschen haben ein Recht auf rauchfreie Luft – drinnen und draußen, bei Tabak genauso wie bei Cannabis“, betont Rainer Nickel, Vorstand des NRSV. Der NRSV begrüßt daher das geplante Rauchverbot für Tabak und Cannabis im Auto, wenn Minderjährige oder Schwangere mitfahren. Auch die geplante Einschränkung des Cannabiskonsums im Umkreis von Schulen, Sportstätten und in Fußgängerzonen ist ausdrücklich zu begrüßen und ein wichtiger Beitrag zum Jugend- und Nichtraucherschutz. Allerdings ist es präventionspolitisch widersinnig, wenn ein Rauchverbot zwar für Cannabis, nicht jedoch für Tabak gelten soll. Der NRSV fordert gleiche, möglichst umfassende Regeln für beide Drogen. Auch Tabakrauch hat im Umfeld von Schulen und Sportstätten nichts verloren.
Der NRSV fordert grundsätzlich einen bundesweit einheitlichen und konsequenten Nichtraucherschutz im Innen- und Außenbereich. Besonders wichtig ist eine vollständig rauchfreie Gastronomie, wie sie in weiten Teilen Europas längst üblich ist. Es ist nicht hinnehmbar, dass Arbeitnehmende beim Nichtraucherschutz je nach Branche unterschiedlich behandelt werden. Während in Büros und Fabriken das Rauchen zum Schutz der Beschäftigten verboten ist, sind Angestellte in der Gastronomie bis heute nur schlecht geschützt – ein ungerechter Zweiklassen-Arbeitsschutz. Die Arbeitsstättenverordnung muss endlich so angepasst werden, dass an allen Arbeitsplätzen ein absolutes Rauchverbot gilt.
Nichtraucherschutz ist insbesondere auch Kinder- und Jugendschutz. Es kann nicht sein, dass Kinder im Eiscafé oder auf der Restaurantterrasse permanent und ungehindert giftigem Rauch ausgesetzt sind. Gleiches gilt für andere Orte, wie Fußballstadien oder Freibäder. Kinder besser vor Passivrauch zu schützen und ihre Gesundheit ernst zu nehmen forderte vor wenigen Monaten auch der UN-Kinderrechtsausschuss, der sich besorgt über die hohe Zahl passivrauchbelasteter Kinder in Deutschland zeigte.
Günstiger Zeitpunkt für Stärkung des Nichtraucherschutzes: Cannabislegalisierung, EU-Krebsbekämpfungsplan und Fußball-EM 2024
Aus Sicht des NRSV ist der Zeitpunkt für eine Verschärfung des Nichtraucherschutzes derzeit besonders günstig:
Erstens kann die Bundesregierung damit ihre Glaubwürdigkeit in der Drogenpolitik unter Beweis stellen und zeigen, dass sie Prävention bei Tabak und Cannabis ernst nimmt. Der NRSV ruft auch alle Landesregierungen dazu auf, ihre Nichtraucherschutzgesetze zu modernisieren und vor allem ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie umzusetzen. „Nichtraucherschutz ist ein entscheidender Hebel für mehr Jugend- und Gesundheitsschutz bei Tabak und Cannabis“, so Rainer Nickel.
Zweitens plant die EU im Rahmen ihres Krebsbekämpfungsplans in den nächsten Monaten eine Überarbeitung ihrer Empfehlungen zum Nichtraucherschutz. Diese sehen bereits eine vollständig rauchfreie Innengastronomie vor. Nun sollen die EU-Empfehlungen auch auf Orte im Freien, wie etwa die Außengastronomie oder Fußballstadien, ausgeweitet werden. Es ist ein Skandal, dass Deutschland bisher nicht einmal die alten Empfehlungen von vor fast 15 Jahren umgesetzt hat. Hier besteht dringender Nachholbedarf.
Drittens steht die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland vor der Tür. Die Nachhaltigkeitsrichtlinien von UEFA und DFB sehen vollständig rauchfreie Stadien vor. Der NRSV fordert den DFB und die Politik auf, die Stadien nicht nur zur EM, sondern generell rauchfrei zu machen. Sport und Rauchen passen nicht zusammen.
Der Nichtraucherschutzverband Deutschland e.V. (NRSV) ist ein gemeinnütziger, überparteilicher und bundesweit tätiger Verein, der sich sowohl als Interessenvertretung nichtrauchender Menschen, wie auch als politische Lobbyorganisation für eine wirksame Tabakprävention versteht. Ziel des Verbandes ist ein konsequenter Nichtraucherschutz sowie eine wissenschaftsbasierte und menschenrechtsorientierte Tabakkontrollpolitik. Pressekontakt: Rainer Nickel, Tel. 089 20931224, info@nr-sv.de
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